Abschied nehmen:
Rituale für die Trauerarbeit

Früher waren Krankheit, Sterben und Tod in der Großfamilie unter einem Dach vereint, genauso wie Romanze, Heirat und Geburt. Heute haben viele Menschen nie lernen und auch nie erfahren können, was Sterben und Tod bedeutet und wie sie von einem geliebten Menschen Abschied nehmen. Wenn Sie sich heute fragen, wie Sie mit Ihrer Trauer umgehen können, dann finden Sie auf dieser Seite vielleicht einige Anregungen für sich.

Wieso trauert ein Mensch?

Wieso trauert ein Mensch? Mit der Trauer nähern wir Menschen uns schmerzlich der Erkenntnis der Endlichkeit. Die Einsicht reift, dass ein Partner, Freund oder Verwandter nach einem Todesfall tatsächlich nicht mehr da ist, dass diese Person nicht mehr wie gewohnt durch die Türe kommen wird. Wir wissen: Viele Bereiche des täglichen Lebens werden nicht mehr so sein wie bisher. Diese Einsicht ist oft so schmerzhaft, dass Menschen manchmal meinen, im Trauerfall besonders stark sein zu müssen oder versuchen, sich anders abzulenken. Wir können Sie nur ermutigen, die Trauer und damit auch den Schmerz zuzulassen, sodass Sie Ihren persönlichen Weg der Trauerbewältigung finden können.

Rituale zur Abschiednahme: Wie kann ich Trauer verarbeiten?

Über Jahrhunderte hinweg haben Menschen versucht, den Tod zu begreifen. Letztendlich haben sie Rituale gefunden, die es ihnen ermöglicht haben, besser mit ihrer Trauer umzugehen. Wir haben zehn Gedanken zusammengetragen, die Sie als Anregung für Ihre Trauerarbeit verstehen können. Aber es ist Ihre Trauerarbeit, es ist Ihr Weg. Und Sie gestalten ihn für sich und somit gibt es hier auch kein Richtig und kein Falsch.

Sie sollten für sich entscheiden, ob Sie die verstorbene Person noch einmal sehen möchten. Dies ist eine ganz persönliche Entscheidung. Wenn Sie dies tun möchten, überlegen Sie, ob Sie von einer Person begleitet werden möchten und wer das sein könnte. Übrigens: Auch die früher übliche Aufbahrung des Verstorbenen in der Wohnung ist weiterhin möglich. Ein Leichnam muss nicht sofort überführt werden. Sie können sich also Zeit lassen.

Mit der Trauerfeier erweist man der verstorbenen Person die letzte Ehre. Aber Trauerfeiern sind vor allem für Angehörige und Freunde der verstorbenen Person da. Sie helfen dabei, sich den Tod der Person noch einmal vor Augen zu führen. Nun kann begonnen werden, das Geschehene als unumkehrbar zu realisieren. Sie können und sollten die Trauerfeier so gestalten, wie Sie es für richtig halten. Denn schließlich geht es darum, dass Sie und auch die nächsten Angehörigen, Familie, Freunde, Bekannte, Nachbarn und Kollegen sich verabschieden können.

Die Bestattung ist ein wichtiges Ritual in der Trauerarbeit. Für viele Menschen beginnt sogar erst dann die eigentliche Trauerarbeit, wenn der Sarg oder die Urne beigesetzt worden ist. Die Beisetzung ist der letzte gemeinsame Weg. Deshalb kann sie ein wichtiger Baustein sein, um später besser loslassen zu können. Bei Urnen-Bestattungen, auch wenn sie als „anonym“ bezeichnet werden, können Sie oftmals anwesend sein.

In fast allen Kulturen kommt die Trauergemeinde nach der Bestattung noch einmal zusammen. Früher kam dem Leichenschmaus gerade in dörflichen Gemeinschaften eine wichtige Bedeutung zu. Hinterbliebenen wurde deutlich gemacht, dass sie weiterhin Teil der Gemeinschaft sind und es galt auch, ganz praktische Aspekte des künftigen Lebens zu besprechen. Auch heute wird diese Feier von der Familie und den Angehörigen des Verstorbenen ausgerichtet und ist eine gute Gelegenheit, über Vergangenes, Verbindendes und die Zukunft zu sprechen.

Die Zeit bis zur Bestattung ist für die meisten nahen Angehörigen des Verstorbenen eine angespannte Zeit: Behördengänge sind zu erledigen, die Bestattung will organisiert werden und vieles mehr. Mit der Zeit nach der Bestattung kehrt etwas Ruhe ein und es beginnt der „neue Alltag“, ohne die verstorbene Person. Spätestens jetzt erleben Sie die Lücken, die der Verstorbene hinterlassen hat. Vielleicht ist es für Sie in dieser Zeit hilfreich, sich an die nahen Verwandten, Freunde und Bekannte zu wenden. Sie können mit einem Brief auf die letzten Tage und die Ihnen entgegengebrachte Unterstützung eingehen. Oder Sie lassen in Ihren persönlichen Zeilen noch einmal vergangene Zeiten Revue passieren.

Scheuen Sie sich nicht, Ihre Gefühle zuzulassen und zu zeigen. Manchmal ziehen sich Hinterbliebene zurück und sie möchten über die Unausweichlichkeit des Todes und den erlittenen Verlust nicht sprechen. Überlegen Sie einmal: Können Sie nicht erst dann ein neues Gleichgewicht finden, wenn Sie die Gefühle der Trauer, der Wut oder Enttäuschung zulassen?

Es ist auch völlig normal, dass Sie in der Zeit der Trauer vielleicht Dinge machen, die andere Menschen schwer nachvollziehen oder als etwas eigenartig empfinden. Aber letztendlich werden Sie Ihren persönlichen Weg der Trauerbewältigung finden. Viele Menschen haben gute Erfahrungen damit gemacht, die eigenen Gedanken am Abend mit einem Tagebucheintrag zu sortieren.

Auch kann es hilfreich sein, die ersten Wochenenden nach der Bestattung oder kommende wichtige Fest- und Feiertage wie Weihnachten für sich so zu planen, dass sie angenehm sind. Achten Sie etwa darauf, dass sie dann nicht allein sind. Alkohol oder Beruhigungsmittel helfen in Zeiten der Trauer hingegen wenig, Abstand und Heilung zu finden.

Wenn Sie sich in Ihrer Trauer allein gelassen fühlen, dann scheuen Sie sich nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen. In vielen Städten und Gemeinden gibt es spezielle Selbsthilfegruppen zur Trauerbewältigung, in denen Sie Rat und Hilfe erhalten.

Auch speziell ausgebildete Trauerbegleiter können Ihnen in dieser schwierigen Phase beistehen. Sie kennen sich beispielsweise in den Punkten Krisenintervention und Psychotraumatologie aus.

Das Ende der Trauer ist dann erreicht, wenn Sie loslassen können. Dann haben Sie die Unumkehrbarkeit des erlittenen Verlustes angenommen und können die verstorbene Person „gehen lassen“. Wahrscheinlich wird eine Traurigkeit bleiben und immer wieder einmal zurückkehren, doch werden Sie für sich ein Gleichgewicht und eine neue Lebensperspektive ohne den Verstorbenen gefunden haben. Eine Zeitspanne dafür gibt es nicht. Trotzdem sollte man ein wenig auf sich achten und die Toten auch tot sein lassen.

Bereits in der Trauerphase, die mehrere Monate andauern kann, machen viele Menschen positive Erfahrungen damit, in sich hineinzuhören, was ihnen in dieser Situation gut tut. Oft stellen sie sich Fragen wie „Soll ich die geplante Urlaubsreise wirklich antreten?“, „Ist es richtig, wenn ich eine bestimmte Anschaffung nun vornehme?“ und so weiter. Gerade bei hinterbliebenen Ehe- und Lebenspartnern tauchen solche Zweifel oft auf. Es wird neu für Sie sein, sich Ihre Meinung ohne den Partner zu bilden. Letztendlich werden Sie sich für Ihren Weg nach vorne entscheiden. Das Sprichwort „Das Leben geht weiter“ mag trivial erscheinen, aber es ist nun einmal auch wahr. Bei zu großen Zweifeln können Sie mit einer vertrauten Person das Für und Wider einer Entscheidung abwägen.

Mit gewonnenem Abstand kann es etwas Tröstliches und sogar sehr Schönes sein, des Toten zu gedenken. So nutzen viele Menschen den Geburts- oder Todestag für einen Besuch am Grab. Diese Tage sind oft ein willkommener Anlass für Angehörige und nahe Freunde, um zu einem Treffen zusammenzukommen. Oft freut es Familienmitglieder, wenn Sie bei solchen Anlässen auch über Erlebnisse mit dem Verstorbenen erzählen.

Bei den Lebenden anfangen

Wenn Sie den erlittenen Verlust angenommen haben und eine neue Lebensperspektive finden konnten, kann es sehr befriedigend sein, anderen Menschen in ähnlichen Situationen zu helfen. Sie können sich nahestehenden Menschen zuwenden, die sterben, Sterbende begleiten oder gerade einen Verlust erlitten haben und einen guten Zuhörer brauchen.