Wenn das Leben endet:
Die fünf Phasen des Sterbens

Sterben ist wohl eine der intimsten und persönlichsten Erfahrungen im Leben eines jeden Menschen. Vielleicht machen Sie sich Sorgen um einen Angehörigen, der schwer krank oder sogar sterbenskrank ist? Oder Sie selbst suchen Wege, sich auf das eigene Sterben vorzubereiten? Auf jeden Fall fragen Sie sich: Was passiert, wenn das Leben eines Menschen endet?

Jeder Mensch nimmt sein Sterben individuell wahr und geht auch sehr individuell damit um. Fast immer durchlaufen schwerkranke Menschen aber die fünf Sterbephasen, die die Psychiaterin und Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross hat in ihrem Buch „On Death and Dying“ beschrieben hat.

Wie kann man mit der Angst vor dem Sterben umgehen?

Der Tod ist im Leben unvermeidbar und unumgänglich. Dies ist für Angehörige und Freunde, die einen Menschen beim Sterben begleiten, genauso schwer zu akzeptieren wie für den Menschen, der mit seinem eigenen Sterben konfrontiert ist. Oft ist es hilfreich, sich zu fragen, vor was man Angst hat. Ist es das Sterben, das Abschied nehmen, der Tod oder irgendwie alles?

Wie geht der Mensch mit Verlust um?

Die Arbeiten der Schweizer Sterbeforscherin und Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross geben noch heute Menschen Halt und Orientierung, wenn sie sich dem Thema Sterben nähern. Elisabeth Kübler-Ross identifizierte bereits im Jahr 1969 fünf Phasen, die Menschen grundsätzlich durchlaufen, wenn sie mit Verlust umgehen – und somit auch mit dem Sterben und der Trauer. Diese Phasen treten bei sehr vielen Menschen auf, allerdings nicht immer in derselben Reihenfolge. Manchmal durchläuft der Sterbende einzelne Phasen mehrmals oder er erreicht manche Phasen nicht.

Wir geben Ihnen nachfolgend einen Einblick in diese fünf Phasen. Vielleicht kann die Kenntnis Ihnen helfen, das eigene Tun und Empfinden oder das anderer Menschen besser zu verstehen und anzunehmen.

Zuerst wollen sterbende Menschen ihre Krankheit und die daraus resultierenden Konsequenzen nicht wahrhaben. Verschiedenste Argumente (von der Fehldiagnose über Verwechslungen bis hin zum „viel besser fühlen“ oder der Suche nach neuen Diagnosen) werden vorgebracht. Auch Angehörige können oder wollen sich oft erst einmal nicht mit der Diagnose abfinden. Zu diesem Zeitpunkt können Freunde und Familie letztendlich nur für den Betroffenen da sein, ihn unterstützen und begleiten; auch auf den Wegen, die gegebenenfalls das Verleugnen unterstützen. Gleichzeitig gilt es, sehr aufmerksam auf die Signale des Kranken zu hören und Gesprächsbereitschaft zu vermitteln.

In dieser Phase erleben Angehörige und Pflegekräfte den Patienten oft als ungerecht, aufbrausend, manchmal sogar als gemein. Letztendlich nähert sich der Patient unbewusst erstmals dem Unausweichlichen. Er verspürt Neid auf die gesunden Menschen, die weiterleben können. Oftmals hat er unkontrollierte Wutausbrüche auf alle Menschen, die nicht an einer Krankheit leiden. Angehörige, Freunde, aber auch die betreuenden Pfleger, Schwestern und Ärzte können ihr Leben weiter planen – er kann das nicht. Wichtig ist es, diesen Zorn nicht als persönlichen Angriff zu sehen, sondern sich darum zu bemühen, den Kranken zu verstehen und eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen.

Oft nur für eine kurze Zeit versucht der Kranke doch noch einen Weg zu finden, dem nahenden Tod zu entkommen und die Lebenszeit zumindest ein wenig zu verlängern. Patienten beginnen zu „verhandeln“. Dies geschieht oftmals im Stillen, manchmal auch mit den Menschen um sie herum. Sie versprechen, die eine so wichtige und vielleicht auch selbstlose Aufgabe noch erfüllen zu wollen. Sie bitten um Aufschub bis zu einem besonderen Tag oder suchen die Nähe zur Kirche und Spiritualität. In dieser Phase sieht der Sterbende eigenes Verhalten in der Vergangenheit oft selbstkritisch. Familie, Freunde, Ärzte und Schwestern können in dieser Phase dem Kranken dabei helfen, mit manchen Aspekten Frieden zu schließen, keine falschen Hoffnungen aufzubauen und – neben den Wünschen und Sehnsüchten – auch immer ein realistisches Bild beizubehalten.

Der Sterbende fühlt sich traurig, leer und antriebslos. Nach Kübler-Ross gibt es zwei Perspektiven in dieser Phase der Depression. In der einen Haltung realisiert der Kranke den anstehenden Verlust. Er trauert um all das Wichtige in seinem Leben, was er nun für immer verlieren wird. Auch beschäftigt er sich mit verpassten Chancen, ungeregelten und unerledigten Dingen. Oft möchten kranke Menschen nun reden, sich austauschen, vielleicht auch Angehörige bitten, für die eine oder andere Sache noch Sorge zu tragen. Familie, Freunde, Ärzte und Schwestern können in dieser Phase dem Kranken sehr aufmerksam und aktiv zuhören, versuchen ihn und die Bedeutung seiner Aussagen zu verstehen. In der zweiten Perspektive nimmt sich der Sterbende stärker zurück, wirkt in sich gekehrt und nachdenklich. Er nimmt eine auf die kommende Zeit vorbereitende Haltung an, denkt über sein kommendes Sterben und seinen Tod nach und äußert vielleicht Wünsche im Hinblick auf Schmerzlinderung. Oftmals ist es sehr hilfreich für den Sterbenden, wenn sein Umfeld nun seine Haltung begleitend unterstützt.

Mit Erreichen der fünften Phase nimmt der Kranke das Sterben und den nahenden Tod an. Der sterbende Mensch beginnt loszulassen. Er wird ruhiger und verliert zunehmend das Interesse an Besuchen und Gesprächen. Der Blick ist nach innen gekehrt, vielleicht schon auf den Tod gerichtet. Dies ist die Zeit, in der Familie, Freunde den Sterbenden mit wenig Worten begleiten. Es beginnt eine Zeit des Schweigens, in der die nahestehenden Menschen zeigen können, dass sie da sind und den Sterbenden bis zum Tod begleiten.

Mit Erreichen der fünften Phase nimmt der Kranke das Sterben und den nahenden Tod an. Der sterbende Mensch beginnt loszulassen.

Unterstützung für Kranke und Angehörige

Ein Sterbender kann sich nicht mehr selbst versorgen. Auch für Angehörige ist die Situation eine erhebliche Belastung. Menschen, die zu einem Pflegefall werden, haben das Anrecht auf Unterstützung. Die Leistungen für Pflege müssen allerdings beantragt und genehmigt werden. Scheuen Sie sich nicht, dies frühzeitig zu tun. Es ist nicht nur Ihr Recht, es nimmt Ihnen auch etwas Last ab.

Begleitung in einem Hospiz

Sie sollten wissen, dass die hospizliche und palliative Begleitung mittlerweile sehr viel für Sterbende und Angehörige tun kann. Die Palliativmedizin hilft, Schmerzen zu lindern, Erstickungsgefühle zu verhindern und Ängste zu nehmen. Die Begleitung durch ein Hospiz oder einen Hospizverein kann außerdem

  • Angehörigen helfen, körperliche Signale des Sterbenden besser zu verstehen,
  • Angehörigen auf die kommenden Schritte vorbereiten,
  • Unterstützung und Tipps vermitteln.

Oftmals kann die Kombination aus palliativer und hospizlicher Begleitung dabei helfen, dass ein Mensch im vertrauten Umfeld zu Hause versterben kann.

Hilfreiche Hinweise für trauernde Angehörige

Wenn eine Person über den eigenen Tod sprechen möchte, dann versuchen Sie, dies zuzulassen. Sätzen wie „Wenn ich dann mal nicht mehr bin …“ sollten Sie nicht mit „Ach, du lebst doch noch lange“ beantworten. Manchmal möchte ein Mensch Ihnen vielleicht nur mitteilen, wo er einmal beerdigt werden soll oder was ihm wichtig ist. Zuhören und versuchen zu verstehen, worum es Ihrem Gegenüber geht, erweist sich meist als der beste Weg.

Kommt der Tod, beispielsweise durch eine Krankheit, langsam näher, ist dies immer eine Ausnahmesituation. Auch für Angehörige. Es ist normal, dass bei Ihnen viel durcheinander läuft. Dann sind Sie vielleicht als Freund oder Verwandter von Gefühlen überwältigt. Dies kann zu Nähe, aber auch zu Konflikten führen. In einem solchen Fall hilft es oft sich zu fragen, ob es um die eigenen Bedürfnisse oder um die Wünsche des Sterbenden geht. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein kranker Mensch keine weiteren medizinischen Untersuchungen oder Drittmeinungen haben möchte. Als Freund möchten Sie den Menschen nicht verlieren und die Hoffnung nicht aufgeben. Die kranke Person möchte einfach nicht noch mehr medizinische Untersuchungen über sich ergehen lassen. Nach wem sollte es gehen?

Mancher Sterbende möchte nicht über das Sterben reden. Für das nahestehende Umfeld ist dies vielleicht verwunderlich. Aber jeder Mensch findet seinen persönlichen Weg zum Sterben. Man muss nicht über das Sterben reden und Sie werden nie einen Menschen dazu zwingen können, dies zu tun. Es ist die Freiheit jedes Menschen, ob er darüber reden möchte oder nicht. Es mag schwierig sein, das zu akzeptieren, aber sobald es akzeptiert ist, wird sich die Situation entspannen.